Einführung: Ivan Velisavljević
Im Verlauf der 1980er Jahre wuchs die Produktion experimenteller Werke durch den AFC erheblich, insbesondere mit der Gründung des Festivals Alternative Film & Video (AFV) und des Alternativen Filmarchivs im Jahr 1982. Bereits 1985 war das AFV eines der ersten Festivals in Europa, das Video und Film gleichberechtigt in das Wettbewerbsprogramm aufnahm. In dieser Zeit wurde der AFC zur wichtigsten regionalen Institution für alternative Kultur, nicht nur im Bereich Film, sondern auch in Musik, bildender Kunst und Performances. Die Zelluloid-Jahre waren noch nicht vorbei, und es wurden weiterhin Super8- und 16mm-Filme produziert. Gleichzeitig erlebte die Videokunst eine Blütezeit, und die dritte Generation schuf Filme und Videos, die sich mit Medien, Popkultur und politischer Symbolik auseinandersetzten. Manchmal lag der Fokus auf Farben, Formen und Mustern, manchmal auf dem Verfall kommunistischer Symbole oder dem Einfluss des Kapitalismus auf unsere Wahrnehmung. Betrachtet man rückwirkend die internationale Relevanz, die Menge und Qualität der ungesetzten Veranstaltungen, Programme und der angestoßenen ästhetischen Debatten, so erscheinen die 1980er Jahre als das goldene Zeitalter des alternativen Films in Belgrad.
Die 1990er Jahre waren hingegen schwierig: Mit dem Zerfall Jugoslawiens, Krieg und sozialem Chaos reduzierte der AFC seine Produktion und sagte 1992 das Alternative Film/Video Festival ab, das erst 2003 wiederbelebt wurde. Die dritte Generation von Videokünstlern sah das Ende ihrer Karrieren: Entweder verließen sie das Land oder standen die harten Zeiten durch, ohne dass viel Raum für den Film blieb. Einige experimentelle Filme aus dieser Zeit zeugen von dieser Atmosphäre. Die erste Hälfte der 2000er Jahre war geprägt vom Sturz der Regierung von Slobodan Milošević und einem bescheidenen sozialen Optimismus. Dieser und der Einfluss relativ günstiger digitaler Technologie hauchten der alternativen Filmszene Belgrads neues Leben ein.
Eine neue Generation von Filmschaffenden schuf ihre Werke Seite an Seite mit den Kinoklub-Veteranen. Ihre Arbeiten reichten von Low-Fi-Ästhetik und Trash-Kino bis hin zur postmodernen Neuinterpretation formalistischer und struktureller Experimente. Die Produktion wuchs, das AFV-Festival wurde erneuert und 2006 internationalisiert. Der AFC wurde erneut zu einem wichtigen Knotenpunkt in der Region für die Vernetzung von Kurator*innen, Filmschaffenden, Historiker*innen und Archivar*innen des nicht-konventionellen Films.
Diese Filmauswahl zeigt repräsentative Beispiele all dieser Tendenzen und Ästhetiken, zwischen Video und Digital, Formalismus und Engagement.
Donnerstag 05.09. 16:00 Uhr
Gesamtlaufzeit: 70 Min.
- Grabljivac / Predator* (Petar Milić , 1987, VHS, Farbe, Ton, keine Dialoge, 3’45’’)
*digitized in 2024, Internationale Premiere & first screening since 1987 - Diabl (Zorica Kijevčanin, 1987, VHS, Farbe, Ton, Serbo-Croatian, 10’37’’)
- Olimp / Olympus (Smilja Tadić, 1989, VHS, Farbe, Ton, keine Dialoge, 8’)
- Kako je propao Miloš M. / The Decay of Miloš M. (Miloš Milošević & Jakša Vlahović, 1995, VHS, Farbe, Ton, keine Dialoge, 5’)
- A Trip (Olivera Ognjanović Kwaya, 1996, VHS, Farbe, Ton, keine Dialoge, 4’40’’)
- soc.com (Incredible Bob, 2000, digital, s/w, Ton, keine Dialoge, 8’47’’)
- Apsolutna pobeda / Absolute Victory (Igor Toholj, 2000, digital, Farbe, Ton, 4’13’’)
- Koncert za harmoniku i paradajz / Concert for Accordion and Tomato (Dragan Nikolić, 2000, digital video, Farbe, Ton, keine Dialoge, 2’07’’)
- I’ll Be There (Isidora Ilić, 2003, digital video, Farbe, Ton, English intertitles, 8’22’’)
- Moonlight (Branko Sujić, 2005, digital video, Farbe, Ton, keine Dialoge, 6’)
- Zid / The Wall** (Nemanja Budisavljević, 2006, digital video, Farbe, Ton, keine Dialoge, 6’)
**Internationale Premiere
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