Barbara Sass (1936-2015) ist eine der bekanntesten Regisseurinnen in Polen und wird für ihre feministischen Perspektiven geschätzt. Filme unter ihrer Regie thematisieren fast durchgängig die Auswirkungen von Macht in ihren vielfältigen Formen über die Lebenswelten der Protagonistinnen. Die Settings ihrer Geschichten spielen in sehr unterschiedlichen Milieus: Zeitungsredaktion, Pflegeheim, Gefängnis, Kloster, Architekturbüro – oder auf Reisen mit einem Filmstar. Auch die Ästhetik ändert sich: Von stechenden Farben und wilden Kamerafahrten im Warschau der 1980er-Jahre zu grauer Tristesse und vielen Nahaufnahmen im Kloster und Gefängnis zur stalinistischen Zeit. Dabei tragen fast alle ihrer Geschichten eine Schwere mit sich und machen über die Inszenierung die mitunter sehr schmerzhaften Erfahrungen der dargestellten Frauen erlebbar. Die doppelte Verneinung im Titel der Filmreihe soll aber auch die Fürsorge aufzeigen, mit denen Sass Figuren handeln. In Bezug auf ihren ersten Langfilm Bez miłości – der mit „Ohne Liebe“ übersetzt werden kann – wird damit auf Freund*innenschaft, Solidarität und Liebe, trotz aller Umstände, hingewiesen.
Das teilweise theatralische Schauspiel entwickelt dabei ein Eigenleben, das immer wieder mit einer Wucht in die Filme herein ziehen kann, aber auch eine Distanzierung ermöglicht.
Die Schauspielerin Dorota Stalińska muss hier besonders erwähnt werden, da sie in vier der Filme im Programm eine Hauptrolle spielt. Umso mehr freuen wir uns sie zu Historia niemoralna (1990) als Gast im Haus am Dom begrüßen zu dürfen. Dieser Film reflektiert die Auswirkungen des Ruhms als Filmstar anhand eines Alter Egos von Stalińska. In allen der Spielfilme arbeitete Sass außerdem mit Editorin Maria Orłowska-Skoczek und ihrem Kamera- und Ehemann Wiesław Zdort zusammen. Ein kurzen Blick auf den Beginn von Sass Filmschaffen an der Filmhochschule in Łódź werfen wir mit Sycylia (1957). Von da an brauchte es 23 Jahre bis sie über die langjährige Arbeit als Regieassistentin im Alter von 44 Jahren ihren ersten Langfilm realisieren konnte. Dies sagt einiges über die strukturelle Diskriminierung von Frauen im Filmbereich aus.
Mit Sass ersten drei Langfilmen, die auch als „Warschau Trilogie“ (1980-82) bezeichnet werden, kommt der Wunsch nach Karriere auch im Film zum Vorschein – bei uns als 35mm-Kopien im Pupille-Kino. Durch Dziewczeta z Nowolipek (1986), der in der Zwischenkriegszeit spielt, und Pokuszenie (1995), im Polen unter stalinistischer Herrschaft, warf Sass zudem kritische Blicke zurück in die polnische Vergangenheit. Nach 20 Jahren mit zwölf Langfilmen unter ihrer Regie machte Barbara Sass nach 1999 nur noch einen weiteren Film. Als sie 2015 starb, zitierte die Filmhochschule Łódź ihre ehemalige Dozentin Sass mit folgenden Worten: „Filmregie ist ein Beruf, für den du einen hohen Preis bezahlst. Du zahlst für deine Sensibilität; dafür, wie du die Welt aufnehmen solltest. Für die ständigen Prüfungen, die du bestehen musst und dafür, dass du als Person des öffentlichen Lebens ständiger Kritik ausgesetzt bist. All das hat nichts mit dem Geschlecht zu tun“.
Die Werkschau Barbara Sass ist ein Teil von Polish Freedom Weekend, einer Veranstaltung des Polnischen Instituts Düsseldorf. Die 2. Ausgabe des Festivals findet unter dem Motto „Freiheit ist eine Frau“ statt.
Kuratiert von Valentin Herleth.
FILMPROGRAMM ÜBERSICHT
- Historia niemoralna FilmDi., 11. November 2025 – 19:00 UhrHaus am Dom
- Bez miłości FilmFr., 14. November 2025 – 20:00 UhrFestsaal im Studierendenhaus
- Debiutantka FilmSa., 15. November 2025 – 18:00 UhrFestsaal im Studierendenhaus
- Pokuszenie FilmSa., 15. November 2025 – 20:30 UhrFestsaal im Studierendenhaus
- Dziewczeta z Nowolipek FilmSo., 16. November 2025 – 15:00 UhrFestsaal im Studierendenhaus
- KrzykFilmSo., 16. November 2025 – 17:00 UhrFestsaal im Studierendenhaus
Herzlichen Dank an:
Barbara Lange
In Zusammenarbeit mit:




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Filme der Reihe
- Historia niemoralnaFilmDi., 11. November 2025 – 19:00 UhrHaus am Dom
- Bez miłościFilmFr., 14. November 2025 – 20:00 UhrFestsaal im Studierendenhaus
- DebiutantkaFilmSa., 15. November 2025 – 18:00 UhrFestsaal im Studierendenhaus
- PokuszenieFilmSa., 15. November 2025 – 20:30 UhrFestsaal im Studierendenhaus
- Dziewczeta z NowolipekFilmSo., 16. November 2025 – 15:00 UhrFestsaal im Studierendenhaus
- KrzykFilmSo., 16. November 2025 – 17:00 UhrFestsaal im Studierendenhaus
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